Die Suche und Rettung des abgeschossenen F-117 Piloten gilt als Paradebeispiel ihrer Art
10. Mai 1999
Suchen und Retten im Gefecht (Combat Search and Rescue, CSAR) ist ein wesentlicher Teil der Militäroperationen. Seit Vietnam, aber auch während des Golfkrieges und des Einsatzes in Bosnien konnten die über Feindesgebiet abgeschossenen Piloten, welche sich mit dem Schleudersitz retteten, auf Hilfe aus der Luft hoffen.
So auch der Fall des über Jugoslawien abgeschossenen F-117 Piloten, welcher innert sechs Stunden geborgen wurde. Eine Operation, welche ohne Schwierigkeiten ablief und als Paradebeispiel ihrer Art gilt.
Der Schock: das unsichtbare Flugzeug F-117 stürzt ab
Samstag, 27. März 1999, 20.45. Kommandozentrale Luftoperationen der NATO in Vincenza. Eine Nachricht erschreckte alle: Eine F-117A Nighthawk stürzte über Jugoslawien ab; eine Stunde später empfing das Radar einer AWACS Bodensignale des Piloten, rund 45 Kilometer nordöstlich von Belgrad.
Sofort gingen Alarmmeldungen raus. Irgendwo in Bosnien macht sich eine amerikanische Besatzung der CSAR bereit. In Cervia, im Norden Italiens bereiteten sich andere Kommandos vor, während sich bereits einige NATO-Maschinen in der Luft befanden, um den abgeschossenen Piloten genau zu lokalisieren und zu schützen. Auf dem Flugzeugträger Foch hielten sich französische CSAR-Equipen mit zwei Helikoptern des Typs Super-Frelon bereit. Der Wettlauf gegen die Zeit begann.
Die Ortung des Piloten trotz Funkstille
Der amerikanische Pilot, dessen F-117 wahrscheinlich von einer Boden-Luft Rakete des Typs SA-3 getroffen wurde, hielt Funkstille ein, um nicht von Serbischen Truppen geortet zu werden. Er war im Besitz einer ganzen Notausrüstung, welche mit ihm via Schleudersitz aus dem getroffenen Flugzeug befördert wurde – Wasser, Nahrung, GPS, ein Nachtsichtgerät, Funk sowie ein Gerät, welches Infrarotsignale aussendete, welche in der Nacht einige Kilometer weit gesehen werden konnten. Zum Glück war das Gebiet unbewaldet und flach. Der abgeschossene Pilot stellte sich ein Versteck her und beobachtete die Umgebung.
Auf der Seite der NATO arbeitete man mit Hochdruck an der Rettung. Der Pilot wurde genau lokalisiert, das Gebiet schien für eine Rettung nicht ungeeignet. Eigene Jäger hielten sich bereit, um allfällige Jugoslawische Luftstreitkräfte am Eingreifen zu hindern. Denn auf Serbischer Seite war man auch aktiv. Der Ort, wo die F-117 aufschlug war auch von ihr rasch lokalisiert worden, und Bodentruppen machten sich auf die Suche nach dem Piloten. Kurz vor 2300 Uhr zeigte das Jugoslawische Fernsehen erste Bilder des Wracks, welche sogleich von den grossen Fernsehanstalten weltweit verbreitet wurden.
Die Jagd nach dem vermissten Mann
Weniger als drei Stunden nach dem Crash war die Rettungsoperation bereits in ihrer entscheidenden Phase. Ein Dutzend US-Flugzeuge hatten von Italienischen Flugbasen abgehoben, F-16 ausgerüstet mit Antiradar Raketen sowie EA-6B Prowler, welche die serbische Luftabwehr elektronisch stören sollten. Wenig später starteten die Helikopter mit den CSAR-Besatzungen. Es war höchste Zeit.
Um 00.16 machte der amerikanische Pilot eine kurze Funkmeldung "hostiles". Jugoslawische Soldaten patrouillierten schwerbewaffnet umher, ohne aber ihre Beute zu finden. Die Jagd auf den Mann und seine unmittelbar bevorstehende Gefangennahme wurde von Belgrad um 0130 bekanntgegeben. Zur selben Zeit befanden sich Helikopter des Typs MH-60G Pave Hawk and MH-53J Pave Low mit 200 km/h auf dem Weg zum Piloten, während die Luft/Bodendeckung bereits Stellung bezogen hatte.
In Washington, mehr als 8000 Kilometer vom Balkan entfernt, bombardierte das Weisse Haus die Verantwortlichen der NATO mit Telefonanrufen. Die Bilder des F-117 Wracks verbreiten alles andere als Optimismus, einige fühlen sich bereits an Vietnam erinnert...
Pannenfreie Exfiltration
Ungefähr um 0230 sah das Kommando der CSAR der US-Luftwaffe das Leuchtsignal des Piloten und identifizierte ihn dank einem Geheimcode. Trotz der Anwesenheit von serbischen Soldaten ging die Rettung wahrscheinlich ohne Waffeneinsatz von statten. Der Pilot wurde mit einer Winde an Bord gezogen und die Helikopter verschwanden so rasch, wie sie kamen. 15 Minuten später überquerten sie die Grenze nach Bosnien und landeten auf der amerikanischen Basis in Tuzla.
Der Pilot, im Range eines mittleren Offiziers möchte anonym bleiben, er erlitt nur einige kleine Prellungen die von der Schleudersitzauslösung her stammten. Sein Aufenthalt auf serbischem Boden war weniger als sechs Stunden. Tags darauf wurde er zur Basis Aviano transportiert, wo er sogleich wieder an Einsätzen der Alliierten teilnahm. Die Operation, die erste seit der Rettung von Scott O’Grady in Bosnien 1995, war ein kompletter Erfolg.
Informationen: Geheimhaltung ist unerlässlich
Viele der oben erwähnten Details sind von der NATO nicht bestätigt worden, sie bleibt sehr verschlossen, um nicht zu riskieren, Informationen zu liefern, welche der Gegenseite nützen. Die erwähnten Details stammen von anonym gebliebenen, höheren Offizieren des Pentagons sowie vom französischen Verteidigungsministerium. Zahlreiche Tatsachen bleiben im Dunkeln, vor allem eine mögliche Beteiligung von Bodentruppen oder das Ausmass des alliierten Luftschutzes.
Es bleibt festzuhalten, dass die CSAR-Einheiten eine bedeutende Rolle in den alliierten Operationen spielen. Die USA haben 150 Männer und 6 Spezialhelikopter in den Balkan geschickt, zudem unterhält Frankreich einige CSAR-Einheiten ("équipes RESCO") an Bord des Flugzeugträgers Foch sowie in Mazedonien.
Oblt Ludovic Monnerat & Lt Adrian Muller
Quellen
New York Times, AP, AFP, Reuters, NATO
Verbundene Seiten
Aktuell | Armee | Schweiz | Welt | Forum | Direkt | Material | Geschichte | Archive | Tätigkeit | Links
Empfang | Neuigkeiten | Mitglieder | Zwecke | Stütze | E-mail
© 1999 CheckPoint
Weiterverwendungen von jeglichen Auszügen nur mit Quellenangabe und Erwähnung des Autors